Viele meiner Arbeiten beschäftigen sich mit sprachlichen Praktiken in verschiedenen Textsorten und multimodalen Kommunikaten an der Schnittstelle zwischen Semantik, Syntax und Pragmatik. Dazu gehört auch die Rolle der Akteure unter der Perspektive der Experten-Laien- und der Laien-Laien-Kommunikation, Fachlichkeit, Wissenstransfer und Verständlichkeit. Fragen des Sprach- und Medienwandels spielen in meiner Arbeit ebenfalls eine große Rolle. Weite Teile meiner Forschung fallen unter folgende Schwerpunkte:
Pragmatik. Hier geht es mir v.a. um Methodiken zur Textanalyse (z.B. Interaktionslinguistik) im Kontext von Kommunikationssituation, Funktion, Zielgruppe, Medien, Zeit und Interkulturalität sowie im Ausblick und punktuell um die Bewertung, Optimierung und Produktion von Texten.
Angewandte Sprachwissenschaft. Ich habe Analysen zur Medien-, Wirtschafts-, Gesundheits-, Emotions- und Nachhaltigkeitskommunikation an authentischen (auch multimodalen und digitalen) Korpora unter Berücksichtigung verschiedener methodischer Kriterien (z.B. zur Wortbildung, zu Wortarten (Partikeln), Wortgruppen/Attribuierungen und Phraseologie) durchgeführt. Ein Fokus liegt dabei auf verschiedenen Varietäten, beispielsweise in meinen Arbeiten zu Funktiolekten und Soziolekten, zu Fachsprachen und im Zusammenhang mit Sprachwandelprozessen.
Wirtschaftskommunikation. In diesem Bereich habe ich mich mit zahlreichen Fragestellungen, Korpora und Methodiken beschäftigt, z.B. mit dem Zusammenspiel von Medien innerhalb von Kampagnen, und dabei werbende Textsorten als Korpus diversen systemlinguistischen Untersuchungen zugrunde gelegt. Funktional angrenzende Medien, wie z.B. die Produktverpackung und neuere Medien, wie Instagram-Accounts u.a. von Unternehmen, rückten in jüngerer Zeit in das Interesse meiner Forschungen. Das gilt auch für weitere Textsorten, die aktuell gesellschaftlich an Relevanz gewinnen, z.B. der (digitale) Nachhaltigkeitsbericht, der als komplexer multifunktionaler Text ein spannendes Untersuchungsfeld bietet.
Seit jeher setze ich mich auch mit Inter-/Transkulturalität auseinander, z.B. in medialen Diskursen und unternehmerischen Textsorten im deutsch-finnischen, deutsch-ungarischen, deutsch-tschechischen oder deutsch-israelischen Kontext. Derzeit entsteht eine Arbeit zur Benennung von Produkten einer finnischen Honigmarke in zwei Sprachen (deutsch und finnisch), wobei mich besonders die differierenden Benennungsmotive interessieren. Ferner habe ich Fallstudien zu Italien, Spanien, Griechenland, durchgeführt, und zwar zu unterschiedlichen Textsorten und Medien und mit verschiedenen Methodiken und thematischen Perspektiven (z.B. in jüngerer Zeit zu Fragen der Nachhaltigkeit).
Experten-Laien-Kommunikation. Hier beschäftige ich mich beispielsweise mit dem Wissenstransfer beim digitalen User*innen-Schreiben, z.B. in Medizinforen im Internet, sowie zwischen Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich der Technikkommunikation. Ich knüpfe hier nicht zuletzt an meine umfangreichen Studien zur Laien-Laien-Kommunikation insbesondere auf Selbsthilfeplattformen an. In diesem Zusammenhang habe ich mich auch mit Fachsprachenforschung, Emotionslinguistik und Angemessenheitsforschung befasst. Dabei bietet sich die Arbeit in interdisziplinären Arbeitsgruppen (u.a. mit der Medizin, Medienwissenschaft, Digital Humanities, Wirtschaftswissenschaften) an. Dabei war ich Teil von Teams, die Studien zur Qualitätssicherung der Laien-Laien-Kommunikation sowie von Websites zu Volkskrankheiten durchführten bzw. sich mit den Möglichkeiten gelingender – auch digitaler – Arzt-Patienten-Kommunikation beschäftigte.
(Text-)Grammatik und Semantik. Im Bereich Textgrammatik und -semantik befasse ich mich u.a. mit den Zusammenhängen (Kohärenz) der Textbausteine und weiterer Codes in Texten und anderen medialen Kommunikaten, aktuell z.B. in Instagram-Posts sowie in akustischer Werbung (im Wandel der Zeit und im Zusammenspiel mit anderen Werbemitteln). Mich interessieren außerdem Phänomene der Syntax, Wortbildung und Wortarten in authentischen Korpora: Dazu gehört z.B. die Partikeldiskussion im Rahmen meiner Beschäftigung mit Selbsthilfeplattformen, die über die Beispiele ganz neue Erkenntnisse für die Klassifikation mancher Partikeln brachte. Auch die Beschäftigung mit themenspezifischen Syntagmen (Attribuierungen) und Wortbildungen auf der Plattform hungrig-online.de zu den Lexemen Angst, Hunger und Essen führte zu spannenden Ergebnissen im Rahmen des digitalen Userinnenschreibens. Mit Kurzwortbildung und Fachlichkeit habe ich mich im Hinblick auf die Qualitätssicherung bei der Laien-Laien-Kommunikation beschäftigt, auch unter Hinzuziehung eines medizinischen Experten und einer multidisziplinären Arbeitsgruppe.
Sprach- und Medienwandel. Ich habe mich z.B. mit den Entwicklungen verschiedener Textsorten und Medien und in ihrem Zusammenspiel (bei mehrmedialen Kampagnen) im Laufe der Zeit befasst. Welche Sprachpraktiken lassen sich finden und welche Veränderungen in der Kommunikation und Gestaltung sind nachweisbar? Welche Rolle spielen dabei Kontextbedingungen (Zielgruppe, Medien, Kommunikationssituation, Funktion)? Dabei kann eine breite Palette an Untersuchungskriterien zugrunde gelegt werden.
Kommunikation und Digitalität. Vielfach liegen meinen Untersuchungen digitale (und digitalisierte) Korpora zugrunde, zum Beispiel (Selbsthilfe-)Plattformen/e-Health, E-Commerce/Online-Shops, Instagram-Postings, digitale Nachhaltigkeitsberichte. Im Anschluss an ein abgeschlossenes DFG-Projekt zur Digitalisierung historischer Hörfunkwerbung mit der Universitätsbibliothek Regensburg im Rahmen des Programms „Kulturelle Überlieferung“ bin ich an den Planungen zur weiteren Erschließung, öffentlichen Nutzbarmachung und Auswertung von Digitalisaten wie historischen Tonbildschauen, Werbeschallplatten und -Videos beteiligt. Ein Artikel zu den Möglichkeiten im Bereich der Spracherkennung und somit der (halb-)automatisierten Transkription bei Hörfunkwerbung greift aktuelle Auswertungsaspekte auf (Reimann/Wolff 2023)
Aktuelle Forschungsförderung
- Gendersensibilität deutschsprachiger Stellenanzeigen – Analysen zu ausgewählten Unternehmen unter Berücksichtigung des Leitfadens „TransVisible“ (Bundesverband Trans*)
Antrag bewilligt (Nov. 2023): Bundesstiftung Magnus Hirschfeld; interdisziplinäres Projekt mit Prof. Dr. Philipp Stang, Psychologie, SRH Wilhelm Löhe Hochschule Fürth):
Spätestens seit dem Paradigmenwechsel des binären Geschlechtersystems in Wissenschaftsdisziplinen wie u. a. der Psychologie, der Medizin, der Rechtswissenschaft, der Soziologie, der Kulturwissenschaften und der Sprachwissenschaft wächst zunehmend das Interesse an einer entpathologisierten Auseinandersetzung mit vielfältigen Geschlechtern und Geschlechtsidentitäten (Przybyl & Stang, accepted). Der Bundesverband Trans* hat 2020 im Rahmen des EU-Projektes "TRANSVISIBLE" mit der Publikation "Trans* und Arbeitsmarkt I. Praxistipps für Stellenausschreibungen, Bewerbungsverfahren und Onboarding" verfasst (BVT, 2020). Ziel ist es die Bedarfe von TransPersonen im genannten Themenbereich einzubeziehen. Der aktuelle Forschungsstand weist bisher keine empirische Studie auf, die Stellenausschreibungen unter Gesichtspunkten der o. g. Publikation untersucht hat. Das vorliegende Projekt erarbeitet daher mittels einer Big-Data-Analyse die Transsensibilität von Stellenausschreibungen. Methodisch kann die Studie als Querschnittstudie mit einem mixed-methods-Ansatz mit N>500 charakterisiert werden. Über künstliche Intelligenz werden Stellenanschreibungen für das Korpus der Studie aus dem WorldWideWeb exzerpiert. Im Anschluss erfolgt zunächst eine sprachwissenschaftlich qualitative Textsortenanalyse mit einem Kategoriensystem in Anlehnung an die o. g. Publikation. Eine quantitative Analyse wird über deskriptive Statistik und Inferenzstatistik durchgeführt; insbes. Chi-quadrat-Tests, Korrelationsanalysen, t-Tests und Regressionsanalysen zwischen den transsensiblen und nicht-transsensiblen Stellenausschreibungen. An dem Projekt ist auch die Professur für Data Science in Social Economy der Hochschule Fürth. Mehrere Honorarkräfte werden derzeit eingestellt.
https://ivg-kongress-2025.uni-graz.at/de/
Konferenz Internationale Vereinigung für Germanistik“ (IVG) 2025 in Graz: Leitung der Sektion „Werbelinguistik weltweit – multimodal und interkulturell“.